TAG 55

Borek Lipiński









Liebes Tagebuch,

heute morgen wurde ich von den Sonnenstrahlen geweckt, die mein Zelt aufgewärmt haben. Ich habe es richtig genossen, endlich mal wieder die Sonne zu spüren. Seit 6 Tagen war sie, wenn überhaupt, immer nur ganz kurz durch die Wolkendecke durchgedrungen. Und jetzt war der Himmel blau und die Sonne konnte ungehindert ihre Energie an mich und mein Hab und Gut werfen, sodass alles endlich mal wieder richtig trocknen konnte. 

Nachdem ich etwas von der angenehmen Morgensonne getankt hatte, und meine ganzen Klamotten, mein Bettzeug und das Zelt nach dem Sonnen-Trocken-Gang wieder eingepackt hatte, machte ich mich auf. 

Als ich die ersten Schritte über ein Feld in Richtung Straße lief, sah ich schon von Weitem etwas, das einer meiner verlorenen Schuhe sein könnte. Und tatsächlich, je weiter ich mich näherte, desto sicherer wurde ich und die Hoffnung stieg, dass auch der zweite Schuh nicht fern sein könnte.

An der Straße angekommen beschloss ich, den Weg zum Supermarkt, also dem letzten Ort, an dem ich gestern Abend noch beide Schuhe hatte, zurückzufahren, um nach dem noch fehlenden Schuh zu suchen. Nach etwa vier Kilometern kam ich, bislang ohne zweiten Schuh, beim Supermarkt an und erkundigte mich beim Personal, ob draußen ein solcher Schuh gefunden wurde. Fehlanzeige. 

Also machte ich mich wieder auf die Route und fuhr die Strecke nochmal aufmerksam entlang. Und tatsächlich, nach etwa zwei Kilometern lag der Schuh einfach so auf dem Gehweg. Obwohl ich eben schon hier entlang gefahren bin, habe ich den Schuh erst beim zweiten Mal gesehen. Ich bin überglücklich und dankbar dafür, dass ich jetzt wieder beide meiner geliebten Barfuß-Schuhe habe. Wer hätte das gedacht… 🙂

Nun scheint also die Sonne, und ich hab meine Schuhe wieder. Der Tag ist jetzt schon perfekt. 

Nach 25 km komme ich in Łódź an, nach Krakau und Warschau mit knapp 700.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt in Polen. Da es hier auch wieder eine große Auswahl an veganen Restaurants gibt, wähle ich das mit der besten Bewertung auf Happy Cow (Zjadliwości) und werde nicht enttäuscht. Das Essen (Tomatensuppe und Zucchini-Spaghetti) war wirklich sehr lecker und fühlte sich gesund an. Außerdem genoss ich eine angenehme Atmosphäre und freundliches Personal. 

 

Anschließend widmete ich mich wieder der Fortbewegung und legte mit kleinen Pausen die restlichen 50 km für heute zurück. Bei der letzten Pause an einer Tankstelle füllte ich mein Wasser auf und probierte einen veganen Hot Dog. (Ein veganer Hot Dog an einer stinknormalen Tanke in Polen!)

 

Ich weiß, dass ich in letzter Zeit sehr oft das Wort „vegan“ verwende, aber die Tatsache, dass dieser Trend inzwischen auch hier in Polen und im Baltikum angekommen ist, finde ich echt super und gibt mir das Gefühl, dass wir vielleicht doch noch kollektiv vom Fleischkonsum wegkommen könnten. Schließlich ist die Fleischproduktion durch den unfassbar großen Bedarf an Futteranbauflächen, die dafür abgebrannten Regenwälder und den hohen Verbrauch von Wasser (zum einen für die Futterproduktion, zum anderen für das Vieh zum trinken) maßgeblich am Klimawandel beteiligt. 

 

Als ich nach 75 km einen schönen Ort für die Nacht gefunden habe, bereitete ich mir noch glutenfreie Wraps mit einer Füllung aus angebratenen Zwiebeln, Pilzen und Aubergine, sowie Kichererbsen-Sprossen und Salat mit Rucola, Oliven, etwas Essig und Erdnussbutter zu. 

 

Es war also mal wieder ein Tag voller Delikatessen.

 

Nun liege ich glücklich und satt im Bett und lausche den Hunden von der Siedlung, die ein paar hundert Meter weiter liegt. Vorhin habe ich ganz in der Nähe mehrere Rehe gesehen und während ich mein Zelt aufgebaut habe, kam ein Reh auf etwa 10 Meter Nähe zu mir angerannt und erschrak sich sichtlich, als es mich entdeckte. Hektisch drehte es um, schlug Haken und flüchtete vor mir. 

 

Hier die Details zur heutigen Route:

https://www.komoot.de/tour/251002251

 

 

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